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Heilig Abend in Gießen

Die Weihnachtsbotschaft erklingt drinnen und draußen

Weihnachten 2021: Drinnen und draußen

Vielfältig reagieren Kirchengemeinden in Gießen auf die Einschränkungen der zweiten Corona-Weihnacht. Anders als vor einem Jahr fallen Gottesdienste nicht aus, werden aber mancherorts unter freiem Himmel; auf dem Sportplatz, im Kirchhof oder auf dem Alten Friedhof gefeiert. Oder sie werden gleichzeitig im Internet gestreamt und - wegen der Abstandsregeln - im kleineren Kreis in den Kirchen in Präsenz gefeiert.

„Erfindungsgabe und Offenheit für eine neue Art, Heiligabend zu feiern, war in diesem Jahr gefragt“, erläutert der evangelische Dekan André Witte-Karp. Dass sich aber auch Kirchengemeinden zunehmend mit der Kontroverse um das Impfen auseinandersetzen müssen, drückt auf die Stimmung.

Pfarrer Michael Paul von der Johannesgemeinde berichtet sorgenvoll: „In manchen Gesprächen geht es nicht mehr darum, glaubst du oder glaubst du nicht, sondern bist du geimpft oder nicht.“ Das belastet ihn persönlich, aber auch das Gemeindeleben.

Pfarrer Peter Ohl von der Pankratiusgemeinde fürchtet einen „Vertrauensverlust“ zwischen den Mitarbeitenden. Als Vorgesetzter muss er sich Impf- oder Test-Nachweise zeigen lassen. Wer ungeimpft in Quarantäne muss, büßt mittlerweile Gehalt ein. In einer anderen kirchlichen Einrichtung hat kürzlich ein Hausmeister gekündigt, weil er nicht bereit war, regelmäßig einen Negativ-Test vorzulegen.

Gottesdienste mit 2G und 3G

Um Ältere und Gefährdete zu schützen finden alle Gottesdienste mindesten unter 3G-Bedingungen statt. Dass die Gemeinden beim Betreten negative Testergebnisse, das Tragen von Masken und den Abstand zwischen Besuchern kontrollieren, ist inzwischen selbstverständlich. „Es kommt den unterschiedlichen Schutzbedürfnissen der Menschen entgegen, dass in einigen Kirchen auch die 2G-Regel angewendet wird“, betont Witte-Karp.

Kirchengemeinden sind inzwischen darin routiniert, sichere Veranstaltungen zu organisieren, weiß Stadtkirchenpfarrer Gabriel Brand und berichtet: „Wir werden von öffentlichen Einrichtungen und Vereinen um Rat gefragt, weil uns hohe Kompetenz darin zugesprochen wird.“

Heilig Abend zweigleisig

Und nun steht Weihnachten vor der Tür. Der Pfarrer der Petrusgemeinde, Matthias Leschhorn, bewegt sich zweigleisig auf den Heiligen Abend zu. Der Familiengottesdienst mit Krippenspiel wird unter 2G-Regeln gefeiert. Einige Tage zuvor wird der gleiche Gottesdienst als Video aufgezeichnet und Weihnachten ins Netz gestellt. „Nur die musikalische Gestaltung unterscheidet sich etwas“, erläutert Leschhorn.

Auch Iris Hartings und Carolin Kalbhenn, Pfarrerinnen der Gesamtkirchengemeinde Nord, gehen mit ihren Konfirmand*innen ins Internet und zeichnen vorab ein digitales Krippenspiel auf. In der Jungen Kirche Gießen in der Lukaskirche wird in diesem Jahr in Präsenz gefeiert. Allerdings auch unter 2G-Regeln.
Stadtjugendpfarrer Alexander Klein erzählt: „Die Jugendlichen, die mittlerweile so wenig Begegnungsmöglichkeiten mit Gleichaltrigen haben und denen soziales Lernen unmöglich wird, haben mir gesagt: Bloß nicht wieder online. Wir wollen uns sehen und begegnen!“

Froh, wer eine Außenvariante geplant hat

Frühzeitig haben die Gemeinden im Gießener Osten eine Außen-Variante geplant. Wie im letzten Jahr stellen Kinder und Jugendliche auf dem Alten Friedhof ein Krippenspiel in mehreren Durchgängen auf die Beine. In kleinen Gruppen können angemeldete Besucher sich das anschauen. Schon weit über 300 Anmeldungen gebe es, berichtet Pfarrerin Sonja Löytynoja begeistert, schränkt aber auch ein bisschen traurig ein, dass es inzwischen eine Warteliste gibt. Weil sie früh die Alternative zu den traditionellen Gottesdiensten in der Kapelle geplant hat, nimmt die Seelsorgerin sogar bessere Stimmung als vor einem Jahr wahr. „Dass wir uns frühzeitig mit einer Außenvariante einen Weg offen gehalten haben, macht uns froh.“

Gottesdienst auf dem Sportfeld

Andere Wege geht auch der Kleinlindener Pfarrer Ekkehard Landig. Er hat sich für einen Open-Air-Gottesdienst am Nachmittag auf dem Außengelände des TSV-Kleinlinden entschieden. „Zwar ist eine Anmeldung erforderlich, doch der weite Raum zwischen den Toren macht vieles möglich.“ Auf dem Sportplatz wie auch bei den Gottesdiensten in der Kirche gilt 2G. Wer nicht dabei sein kann oder will, für den werden diese Gottesdienste live im Netz gestreamt.

Neues und Traditionelles

Seit Beginn der Pandemie haben sich die Gottesdienstformen verändert, beobachtet Dekan Witte-Karp. Die Liturgie, also die Gottesdienstordnung ist kürzer geworden. „Neues wird ausprobiert.“ Und doch gibt es viele Menschen, die auf die klassischen, festlichen Gottesdienste nicht verzichten wollen. „In der Pandemie haben auch Gottesdienst-Übertragungen in Radio und Fernsehen an Heiligabend eine besondere Bedeutung“, sagt der Dekan. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben ihr Angebot in diesem Jahr wieder ausgeweitet und helfen damit vielen Menschen, Weihnachten zu feiern, unterstreicht er. „Ob drinnen oder draußen, in der Kirche oder beim Krippenspiel unter freiem Himmel oder am Fernseher neben dem Weihnachtsbaum. Jede und jeder wird die frohe Weihnachtsbotschaft vernehmen können, dass es nicht immer dunkel sein wird, weil Gott den Himmel aufmacht in dieser Nacht.“

Dieser Text ist für die Stadt-Redaktionen der Gießener Allgemeinen und des Gießener Anzeigers geschrieben worden und erwähnt nur Gottesdienste in Gießen.
Die im Text berichtete Vielfalt findet sich auch im Umland.
Drei Beispiele aus  Biebertal, Leihgestern und Watzenborn-Steinberg.
Alle Gottesdienste hier als PDF-Download

Biebertal

„Macht hoch die Tür, die Fenster weit auf: Weihnachten rollt bei euch vorbei“, verkündet Pfarrerin Christin Neugeborn den Biebertalern. Bevor nur wenige zur Kirche kommen dürfen, fährt die Kirche mit einem „Sternenzug“ durch Bieber, Rodheim und Vetzberg. Unter Mitwirkung der Feuerwehr, vieler Vereine und Familien wurden Pkw-Anhänger mit Holzfiguren aus der Weihnachtsgeschichte bestückt und werden durch die Orte gefahren. Dabei werden weihnachtliche Worte und Gesang der Krippenspielkinder während der Fahrt abgespielt. Start ist 16 Uhr am Bürgerhaus Bieber. Haltepunkte, Route und Sicherheitsregeln im Internet: www.biebertal-evangelisch.de In Krumbach dagegen, lässt sich die Weihnachtsgeschichte von 15-17 Uhr unter freiem Himmel an fünf Stationen zu Fuß erfahren. Start ist an der Kreuzung Waldhausstr/Gartenstr. An der Station Feuerwehr gestaltet Pfarrerin Kasemir-Arnold um 16 Uhr eine Andacht. In Königsberg können Fußgänger an mehreren Stationen, vom Backhaus bis zur Kirche, die Weihnachtsgeschichte sehen und erleben. Benötigt wird ein Handy mit QR-Reader. Von 15.30 Uhr bis 17.00 Uhr ist die Kirche geöffnet.

Watzenborn-Steinberg

Die Kirchengemeinde Watzenborn-Steinberg feiert um 16 Uhr einen Open-Air-Familiengottesdienst mit Krippenspiel des Kinder- und Jugendchores auf dem Parkplatz Ludwigstraße an der Kirche. Pfarrerin Hofmann-Weiß freut sich auch auf den nächtlichen Gottesdienst mit weihnachtlicher Barockmusik in der Christurkirche und besonders auf den „Carol Service“ am 1. Weihnachtstag um 17 Uhr. Nach englischem Vorbild gibt es in dem Weihnachtsgottesdienst neun biblische Lesungen, die  sich mit englischen und deutschen Weihnachtsliedern, Chorstücken und Orgelmusik abwechseln, musikalisch gestaltet vom Kirchen- und Gospelchor. Die Gottesdienste werden auch mitgefilmt und können anschließend im Internet angeschaut werden: www.christuskirche-pohlheim.de

Leihgestern

Die Kirchengmeinde Leihgestern geht mit einem Krippenspiel ins Internet. Allerdings, nicht Kinder oder Konfirmanden stellen die Weihnachtsgeschichte nach, sondern der Kirchenvorstand, berichtet Pfarrer Edwin Tonn. „Die negativen Begleitumstände dieser Zeit bringen glücklicherweise auch neue Formen hervor“, freut sich Tonn. Der neu gewählte Kirchenvorstand lernt sich auf diese Weise gleich zu Beginn der neuen Amtszeit besser kennen. www.ev-kirche-leihgestern.de

 

 

 


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